Koordination & Propriozeption

Wer ein grundsätzliches Interesse am olympischen Sport hegt, dem muss der leichtathletische Zehnkampf als fulminante menschliche Höchstleistung im Gedächtnis geblieben sein. Rico Freimuth ist einer der deutschen Topathleten, der sich bereits international sehr erfolgreich präsentieren konnte und sich als Aushängeschild der deutschen Leichtathletik etabliert hat.

Um über zwei Tage, in zehn unterschiedlichen Disziplinen, maximale Leistungen erbringen zu können, müssen die Inhalte in der Vorbereitung sowohl umfangreich als auch hoch intensiv gestaltet sein. Außerdem muss das Training eines "König der Athleten", neben den disziplinspezifischen Trainingsinhalten, immer wieder grundlegende Elemente des sensomotorischen Systems beinhalten.

Abbildung 1: Hierarchisches Modell der koordinativen Fähigkeiten nach Hirtz, Kirchner & Pöhlmann, 1994, S.132
Abbildung 1: Hierarchisches Modell der koordinativen Fähigkeiten nach Hirtz, Kirchner & Pöhlmann, 1994, S.132

Worum geht es?

 

Disziplinen, die durch hohe technische Anforderungen geprägt sind, werden durch die koordinativen Fähigkeiten entschieden. Diese sind klassisch in Kopplungs-, Differenzierungs-, Gleichgewichts- und Orientierungsfähigkeit sowie Rhythmisierungs-, Reaktions- und Umstellungsfähigkeit unterteilt. Im Grundlagentraining wird eine breit gefächerte Basis an Fähigkeiten und Fertigkeiten gelegt, die anschließend siuationsspezifisch transferiert wird. Dieser Prozess unterliegt einer hierarchischen Ordnung (Abbildung 1).

 

Die Tiefensensibilität (Propriozeption) ist hier der entscheidende Schlüssel. Die Muskelspindeln, Sehnenspindeln und weitere sensible Rezeptoren signalisieren über afferente Bahnen dem Gehirn und ZNS die Stellung der Körperpartien (Stellungssinn), die Lage des Körpers in Raum und Zeit (Bewegungssinn), sowie die Dosierung zwischen Druck und Zug (Kraft- und Widerstandssinn).

Abbildung 2: Kniestand auf dem Pezziball mit Rico Freimuth
Abbildung 2: Kniestand auf dem Pezziball mit Rico Freimuth

Problem: Zeitmanagement

 

Das größte Problem eines Zehnkämpfers war schon immer die Frage: "Wann trainiere ich welche Inhalte, um in allen Disziplinen auf den Punkt fit zu sein?". Aufgrund der geringen physischen Beanspruchung und des hohen Funfaktors bieten sich koordinative Inhalte in Regenerationseinheiten über das ganze Jahr an.

Rico Freimuth demonstriert im Folgenden zwei Übungen zur Steigerung des Gleichgewichts und der Körperwahrnehmung. Auch ISG- Instabilitäten  können mit dieser Übungsauswahl verbessert werden (Eberhardt, D. 2012).

In Übung 2 müssen zur Stabilisation des Rumpfes auch die Beinachsen kontrolliert werden. In Rehabilitationsphase nach Supinationstraumata kann mit Hilfe dieser Übung die nötige Stabilität in die Fußgelenke zurückgebracht werden.

 

Übung 1

 

Mit elongierter Wirbelsäule und Rumpfextension hält der Sportler den Kniestand auf dem Pezziball. Durch den wackligen Untergrund arbeitet das sensomotorische System und der M. rectus abdominis (gerader Bauchmuskel) auf Hochtouren. Kleine Schubser gegen den Körper oder Ball zwingen ihn Instabilitäten auszugleichen, wodurch der Anforderungsgrad massiv verstärkt wird (Abbildung 2 - Bild 3).

 

Abbildung 3: Kniebeuge auf dem Pezziball
Abbildung 3: Kniebeuge auf dem Pezziball

Übung 2

 

Der Sportler geht aus dem Kniestand, über den Bärenstand in die aufrechte Position und führt mit gestrecktem Oberkörper eine Tiefkniebeuge auf dem Pezziball aus.

Zur Steigerung des Schwierigkeitsgrades kann eine Langhantel hinzugezogen werden. Für uniaterale Dispositionen ist die einseitige Belastung der Hantel ein äußerst effizientes Training der Rumpfstabilität.

 

 

News zu unserer Olympiahoffnung für Rio 2016 gibt es in Ricos Facebookprofil:

https://www.facebook.com/Rico-Freimuth

 

 

 

Quellen:

1. Erhardt, D. & Richter, M., 2012. Praxishandbuch funktionelles Training.

2. http://www.meineergotherapie.de/images/stories/pdf/PropriozeptiveWahrnehmung.pdf (Zugriff: 21.11.15, um 14:34 Uhr)

 

Abbildung 1: Hirtz, Kirchner & Pöhlmann, 1994. Sportmotorik, Kassel. Entnommen aus: Steinhöfer, D., 2008. Athletiktraining im Spielsport, Münster.